Page 3 - Willisauer Woche - KW 49 - 2020
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DIENSTAG, 1. DEZEMBER 2020 SEITE 3
FORTSETZUNG
Sind es hauptsächlich Katzen
und Hunde, die entlaufen sind
oder auch andere Tiere?
Von den 30'000 Meldungen ma- Mit spitzer Feder …
chen rund 80 Prozent Katzen
und 10 Prozent Hunde aus. Aber
auch Schildkröten, Hasen und Wieso Sie gerade
Vögel können zuhause ausreis-
sen und werden dann vermisst.
jetzt einen Baum
Wie wird die STMZ finanziert?
Bei uns können alle Meldungen umarmen sollten!
gratis im Internet erfasst wer-
den. Ein wichtiger Grundsatz
ist für uns, dass die Suche nach In Zeiten von Corona gibt es we- Mitgefühl am liebsten und leichtes-
dem geliebten Tier nicht zur Fi- der Händedruck noch Küsschen. ten durch Berührungen. Die Pan-
nanzfrage werden soll. Wir sind Berührungsverbot, Besuchsver- demie führt allerdings dazu, dass
eine offiziell anerkannte Non- Bilder: pixabay bot, Distanzgebot – der eindringli- wir das In-Berührung kommen mit
Profit Organisation. Wir leben Dank einem grossen solidarischen Helfernetzwerk kommen «Mizi» und che Appell des Bundesrates lautet unseren Mitmenschen – dazu ge-
fast ausschliesslich von Klein- «Bello» & Co wieder nach Hause. «Vermeiden Sie Kontakte». Am bes- hören zum Teil auch unserer Liebs-
Spenden von privaten Gönne- ten sollten wir ganz zu Hause blei- ten – als etwas Gefährliches anzu-
rinnen und Gönner. Zudem ist Menschen. Am liebsten haben können. Eine Vermisstmeldung ben und wenn wir doch mit jeman- sehen. Wir sind nun in einer Phase,
es möglich, mittels einem Legat wir, wenn uns schöne Erfolgsge- im 10 km-Radius passte genau dem in Kontakt kommen müssen, in der wir «Berührung und Nähe»
an uns, Glück zu hinterlassen. schichten erreichen. Es macht auf diese Schildkröte. Ich habe dann bitte mit mindestens zwei Me- mit «Gefahr und Angst» verbin-
Staatliche Subventionen erhal- uns Freude, verzweifelte Tier- den Leuten die Telefonnum- ter Abstand. Dies führt dazu, dass den. Doch alles hat zwei Seiten:
ten wir keine. besitzerinnen und -besitzer mit mer gegeben und ich bin sicher, wir uns zum ersten Mal bewuss Wir können so zwischenmensch-
unseren Tipps und Inputs zu dass es zu einem wunderbaren werden, wann und wie häufig wir liche Berührungen neu zu schät-
Wie tangiert die Pandemie Ihre unterstützen. Dabei können wir glücklichen Happy-End gekom- andere Menschen eigentlich ne- zen lernen. Wir realisieren so, wel-
Tätigkeiten in der Tiermelde- auf unsere nationale Datenbank men ist. Diese Woche haben wir benbei berühren – gerade, weil wir che Menschen uns besonders na-
zentrale? mit tierspezifischen Kontak- eine Email bekommen mit einer es eben nun vermeiden müssen. hestehen, da wir eben diese gerne
Der Meldungsverlauf hat sich ten zugreifen. Es ist eine sehr wunderbaren Erfolgsgeschichte: Vor Corona waren für die meisten einmal wieder in die Arme nehmen
nicht verändert. Wir dachten, sinnstiftende Arbeit, die Spass Ein Kater wurde während 5,5 zwischenmenschlichen Berührun- würden. Ebenso erfahren wir in
dass eventuell aufgrund der Si- macht. Viel Zeit verbringen wir Jahren vermisst. Die Besitze- gen eine Nebensache, worüber sie dieser «Abstandsphase» hautnah,
tuation des Lockdowns, wenn zudem mit der Pflege unserer rin hat die Hoffnung jedoch nie sich nicht gross Gedanken mach- dass Berührungen ein menschli-
mehr Leuten zu Hause sind, we- Adressen und Kontakte, sodass aufgegeben. Monatlich haben ten. Indessen gibt es Menschen, ches Grundbedürfnis sind. Oder
niger Vermisstmeldungen einge- unsere Helferinnen und Helfer wir ihr ein E-Mail geschickt und die erleichtert sind, den bisherigen anders ausgedrückt: Der Abstand
hen würden. Das hat sich nicht und unsere Gönnerinnen und gefragt, ob sie die Vermisstmel- Umgangsformen zu entkommen, lehrt uns Nähe.
bewahrheitet. Ebenso sind wir Gönner erreichbar bleiben. dung verlängern möchte, was da sie Händeschütteln oder Umar- Auch die Corona-bedingten digi-
froh und dankbar, dass uns bis sie jeweils getan hat. 5,5 Jahre mungen und Küsschen nie moch- talen Interkationen können ein Zu-
jetzt unsere treuen Gönnerin- Was war bis jetzt das schönste später ist der schwarze, unbe- ten – und eben nur mitmachten, sammensein im «real Life» niemals
nen und Gönner nicht verges- Erlebnis bezüglich Tiere, die kannte Kater im Nachbardorf weil es sich um ein gesellschaftlich ersetzen. Diese Alternativen sind
sen haben. Wir hoffen sehr, dass wieder heimgefunden haben? 4 km Luftlinie entfernt, aufge- etabliertes Ritual handelte. Ich ge- ein Trost, aber kein Ersatz. Sie hin-
das weiterhin so bleibt. Jede eingehende Meldung taucht. Leider war er nicht ge- höre in diese Gruppe Menschen. terlassen ein unbestimmtes Gefühl
kommt in unseren automa- chipt, jedoch hatte er einen ab- Ich mag nicht, wenn man(n) mir zu von Leere und Unzufriedenheit.
Wie viele Vermisst- und Fund- tischen Abgleich mit den be- gebrochenen Schneidezahn. nahekommt. Schon immer habe Berührungen schafft Nähe und Si-
meldungen waren es in diesem stehenden Meldungen. Wenn Die Finder haben auf www. ich mich gefragt, wieso ich bei je- cherheit, sie stärkt die Liebe, sie
Jahr und hat Corona eine Aus- da ein offensichtlicher Tref- stmz.ch die Vermisstmeldung der Gelegenheit die halbe Welt ab- stärkt die Resilienz, das Immunsys-
wirkung darauf? fer angezeigt wird, ist das jedes gesehen und konnten den Kater küssen und umarmen muss. Die- tem und das allgemeine Wohlerge-
Bis Ende Jahr werden es knapp Mal ein wunderbares Glücks- der überglücklichen Besitzerin ses Begrüssungsritual, zum Teil hen. Darauf sollten wir auch in Zu-
30'000 Meldungen sein. Dies ist gefühl. Unsere liebsten Telefo- zurückbringen. fremde oder auch Menschen, die kunft nicht verzichten.
eine erneute Zunahme im Rah- nate sind, die Besitzer über den ich weniger gut kenne gleich in die Momentan müssen wir uns al-
men der letzten Jahre von 10 Tierfund zu informieren. Die- Was wünschen Sie sich für Arme schliessen zu müssen, ging lerdings mit Luftküsschen, ei-
Prozent. sen Sommer habe ich einen An- diese wichtige Institution für die mir immer schon gegen den Strich. nem herzlichen Lächeln hinter der
ruf von zwei Touristen entgegen Zukunft? (Fremde) Bartstoppeln an meiner Maske und strahlenden Augen-
Was fasziniert Sie besonders an genommen, die im Tessin am Ich hoffe, dass wir noch lange die zarten Haut, unerträgliche Duft- kontakten begnügen – aber das
Ihrer Arbeit in der Tiermelde- Waldrand eine Schildkröte ge- finanziellen Mittel aufbringen botschaften von Mundgeruch über ist doch auch viel Wert, solange es
zentrale? funden haben. Sie wollten wis- können, um unseren Suchser- Schweiss bis hin zu abgestande- von Herzen kommt.
Meine Mitarbeiterinnen und sen, was sie nun mit dem Tier vice gratis anzubieten. Solange nem Parfüm und kaltem Rauch so- Hier noch ein persönlicher Tipp zur
ich sind sehr oft in Kontakt mit tun und wohin sie es bringen in der Schweiz die Anzahl Haus- wie Schweisshände und eine Wolke aktuellen Lage: Haben Sie schon
tiere zunimmt, werden leider flockiger Haarschüppchen – alles einmal einen Baum umarmt? Nein?
auch die Meldungen bei uns im- schon erlebt – sind einfach eklig Sollten Sie aber. Die wohltuenden
RUND 30'000 MELDUNGEN PRO JAHR mer mehr. Ich hoffe, dass auch und eine Zumutung. Ich kam immer Effekte der Natur und speziell des
unser Helfernetzwerk markant öfters ins Dilemma: Denn die Teil- Waldes sind in Japan schon lang
Gegründet wurde die Schweizerische Tiermeldezentrale (STMZ) im wächst und so unsere Bekannt- nahme an solchen Ritualen wird er- bekannt und führten zur Einführung
Jahre 2001, mit dem Ziel, eine schweizweit einheitliche Meldestelle
zu schaffen. In diesem Unterfangen wurde sie vom Schweizerischen heit zunimmt. Unser Wunsch wartet, und wer sich dem entzieht, des sogenannten «Waldbadens».
Tierschutz STS, der Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tier- ist, dass allen Schweizerinnen gilt als seltsam und läuft Gefahr, Dabei handelt es sich um eine Na-
ärzte GST und der Organisation ANIS (Animal Identity Service) unter- und Schweizern im Zusammen- aufgrund dieses Verhaltens aus- turtherapie, die auch in Europa im-
stützt. Im Jahre 2005 wurde die STMZ verkauft. Die neuen Eigentü- hang mit vermissten oder hei- geschlossen zu werden. Nun, Co- mer populärer wird. Waldbaden
mer professionalisierten das Dienstleistungsangebot und erweiter- matlosen Tieren als Erstes die rona hat das Problem für mich ge- betont die Verknüpfung des Wald-
ten es um eine Tier-Notrufzentrale und um ein Adressenverzeichnis STMZ in den Sinn kommt. löst – endlich! Und es ist momen- spaziergangs mit Achtsamkeit. Das
rund ums Thema «Haustiere». Die STMZ Schweizerische Tiermelde- tan eine wahre Wohltat – niemand heisst, Sie sollen sich darauf kon-
zentrale existiert in der heutigen Form seit 2005. Ihre Mission ist das www.stmz.ch kommt mir zurzeit zu Nahe. Nie- zentrieren, den Wald mit allen Sin-
Suchen und Finden von Haustieren mittels der einzigartigen, natio- mand schaut blöd, wenn ich mich nen zu spüren und wahrzuneh-
nal geführten Datenbank. Fund- und Vermisstmeldungen können im Interview: Corinne Remund weigere abgeküsst oder umarmt zu men. Dazu zählt auch, Pflanzen zu
Internet erfasst, verwaltet und mit den bestehenden Meldungen ab- werden, ich muss keine Ausreden berühren und Bäume zu umarmen.
geglichen werden. Ein Plus ist zudem das Helfernetzwerk und die mehr suchen oder gar vortäuschen, Ich habe es kürzlich selber aus-
24-Stunden Erreichbarkeit per Telefon. Das Team der Tiermeldezen- STMZ
trale arbeitet eng mit allen Betroffenen und den Behörden zusam- Stansstaderstrasse 104 ich sei erkältet. probiert – und es hat funktioniert!
men und wickelt die gesetzliche Meldepflicht von Tierfunden (ZGB 6370 Stans Etwas anderes sind Berührungen Bäume haben eine heilende Wir-
720a) ab. Tier gefunden: 0848 357 358 im engsten Kreis. Hier zeigt uns kung auf unsere Seelen. Ihre Kraft
Jedes Jahr verarbeitet die Tiermeldezentrale mehr Meldungen, 2018 die gegenwärtige Lage wie wich- und Energie sind einfach überwälti-
waren es über 24'000, rund ein Drittel Fund- und zwei Drittel Ver- Tier vermisst: 0900 357 358 tig zwischenmenschliche Berüh- gend, wir strömen direkt zurück zur
misstmeldungen. 2019 wurden fast 15 Prozent mehr Tiere gemel- (1.95/Min) rung ist. Denn Berührungen kön- Natur. Probieren Sie es aus – es tut
det als im Vorjahr. Spendenkonto nen auf nonverbalen Ebene Emo- einfach nur gut.
Jede Vermisstmeldung kann zudem im Helfernetzwerk verbrei- Post-Konto Nr. 60-414215-9, tionen und Stimmungen viel direk-
tet werden. Das sind Personen, die in der Umgebung des vermiss- IBAN CH26 0900 0000 6041 ter vermitteln, als dies mit Worten Herzlichst,
ten Tieres wohnen und beim Suchen unterstützen. Aktuell sind über üblich ist. Wir Menschen kommu- Ihre Corinne Remund
35'000 Personen Teil dieser Nachbarschaftshilfe unter Tierfreunden. 4215 9 oder online unter
www.stmz.ch/spenden nizieren insbesondere Liebe und Verlagsredaktorin